Um zu verstehen, ob Hitzesterblichkeit auch mittlere Altersbänder in Deutschland betrifft, betrachten wir in Abbildung 1 den gleitenden Vierwochendurchschnitt der Sterbefälle pro Woche im Jahr 2018 im Vergleich zum Mittel aller Wochen der Jahre 2016 bis 2019. Der Sommer 2018 war besonders warm in Deutschland, und es wurden in vielen Regionen 30 oder mehr „heiße Tage“ (Tage mit 30 °C oder mehr) beobachtet.7
Mit dem Anstieg der Temperatur im Sommer steigen die durchschnittlichen Sterbefälle in allen Altersbändern an. Dabei scheint der relative Anstieg in den Altersbändern 30–54 und 55–64 am schwächsten ausgeprägt. Im jüngsten Altersband erschwert die hohe Volatilität der Ergebnisse eine Interpretation, es scheint jedoch über einen längeren Zeitraum zu einer erhöhten Sterblichkeit zu kommen.
Die Ergebnisse dieser einfachen Auswertungen stimmen mit einer Studie aus Südafrika zum relativen Sterberisiko nach Temperatur und Altersgruppe überein. Insbesondere wird ein erhöhtes Sterberisiko nicht nur in höheren Altern, sondern besonders stark auch bei den Jüngsten (der Altersgruppe 0 bis 4 Jahre) gefunden, während in den mittleren Altersgruppen weder Hitze noch Kälte einen signifikanten Einfluss auf das relative Sterberisiko haben.8
Weitere vulnerable Gruppen bei Hitze sind chronisch Kranke (insbesondere bei bereits existierenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Nierenerkrankungen), Schwangere, Arbeiter im Freien und Menschen in Städten in sozial und ökonomisch benachteiligten Vierteln.9
Hitze‑, Kälte- und Grippesterblichkeit
Wenn man sich mit steigenden Temperaturen und der daraus resultierenden Hitzesterblichkeit auseinandersetzt, liegt es nahe, auch die Kehrseite, die Kältesterblichkeit zu betrachten. Führt der Klimawandel aufgrund zunehmender Extremwetterereignisse zu einem Anstieg der Gesamtsterblichkeit, oder führen milde Winter in einigen Regionen sogar zu einer Reduktion?
Abbildung 1 zeigte die höchsten Sterbefälle während der kältesten Temperaturen, eine Beobachtung, die auf viele Länder zutrifft.10 Doch im Winter ist eine weitere Todesursache zu berücksichtigen: die Grippe. Während die saisonale Grippe auf der Nord- und Südhalbkugel im Winter auftritt, ist die Temperatur nur einer von vielen Faktoren, die die Grippeaktivität und mittelbar die Grippesterblichkeit beeinflussen. Saisonale Schwankungen in der Immunantwort des Wirts, Veränderung der Grippestämme und Umwelteinflüsse wie Luftfeuchtigkeit und UV‑Strahlung nehmen ebenso Einfluss auf die Grippeaktivität.11
Abbildung 1: eigene Darstellung des gleitenden Vierwochendurchschnitts Sterbefälle pro Woche 2018 im Vergleich zum Mittel aller Wochen der Jahre 2016–2019.
Daten von Statistisches Bundesamt (Destatis), 2023, „Sterbefälle – Fallzahlen nach Tagen, Wochen, Monaten, Altersgruppen, Geschlecht und Bundesländern für Deutschland, 2016–2023“. Abgerufen am 27. Januar 2023.